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  WERKVERZEICHNIS VON IWAN PUNI |
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Das Werkverzeichnis, die Hauptquelle zum Leben und Werk von Iwan Puni, wurde in zwei Bänden veröffentlicht. Der erste Band, der 1972 erschien, umfasst das Werk des Künstlers vor seinem Umzug nach
Paris (1923), darunter Gemälde, Reliefs, Zeichnungen und Druckgrafiken. Der zweite Band (1992) umfasst ausschließlich Gemälde nach 1923.
Berninger, Herman & Cartier, Jean-Albert. Pougny. Jean Pougny (Iwan Puni) 1892—1956. Catalogue de l'oeuvre. Tome 1: Les Années d'avant-garde, Russie — Berlin, 1910—1923.
Tübingen, Éditions Ernst Wasmuth, 1972.
Berninger, Herman. Pougny. Jean Pougny (Iwan Puni) 1892—1956. Catalogue de l'oeuvre. Tome 2: Paris-Cote d’Azur, 1924—1956, Peintures. Tübingen, Éditions Ernst Wasmuth, 1992.
Die gigantische Arbeit, Material für diesen Katalog zu sammeln, wurde von Xenia Boguslawskaja geleistet. Die darauf basierenden Texte wurden von Jean-Albert Cartier verfasst, und Herman Berninger organisierte
die Veröffentlichung im Ernst Wasmuth-Verlag, der bis 1974 von Günther Wasmuth, einem alten Freund und Sammler Punis, geleitet wurde.
Xana begann 1961 mit der Vorbereitung des Materials für das Werkverzeichnis. Für jedes Werk war es notwendig, eine Beschreibung mit Abmessungen und Fotos zu erstellen und anhand indirekter Beweise das Jahr
seiner Entstehung in Erinnerung zu rufen. Diese mühsame Arbeit war für Xana äußerst stressig, da sie es gewohnt war, im großen Stil zu leben, und nicht zu idealer Ordnung im Kleinen neigte. Aus ihrem Brief an
Nathan Altman vom 30. Januar 1962:
"Es ist sehr schwierig, wenn die Dinge so über die ganze Welt verstreut sind, und deshalb suche und fotografiere ich unermüdlich alles, und ich habe etwa 1.500 Fotos für das Buch „Tout oeuvre de Pougny“,
und deshalb muss ich auch jeden "Gemäldepaß" sorgfältig durchdenken, genau das Jahr bestimmen. Das ist so eine wilde Aufgabe, ich suche nach Adressen, wo wir gelebt haben, welche Dinge wir für Stillleben und wann
gekauft haben, usw., Fakturen, Rechnungen usw."
Der erste Band wurde 1972 zu Xanas Lebzeiten veröffentlicht. Der zweite Band erschien 20 Jahre später.
Es ist rätselhaft, dass der Name Boguslawskaja nicht unter den Autoren des Katalogs erscheint (obwohl im Text des zweiten Bandes eine Widmung an sie vorhanden ist). Vielleicht liegt das an den Differenzen
zwischen ihr und Berninger in ihren letzten Lebensjahren, wovon Berninger viel später mitteilte, beispielsweise in seinem Interview mit Mikhail Meilakh (2002).
Das Vorhandensein eines Werkverzeichnisses ist für die Arbeit mit dem Nachlass eines Künstlers sehr wichtig, und unter diesem Gesichtspunkt ist die enorme Arbeit der Leute, die Punis zweibändigen Katalog
veröffentlicht haben, bewunderungswert. Dennoch braucht das Werkverzeichnis auch im Hinblick auf die wissenschaftliche Gründlichkeit analysiert werden. Nehmen wir den ersten und den zweiten Band unter die Lupe
nacheinander; sie enthalten deutlich unterschiedliches und unterschiedlich interpretiertes Material.
Der zweite Band, der sich mit der Malerei nach 1923 befasst, ist größtenteils in Ordnung. Die Liste umfasst 998 Werke, die Puni im Laufe von 33 Jahren in Frankreich geschaffen hat – von Ende 1923 bis
Dezember 1956. Dabei handelt es sich überwiegend um Ölgemälde oder Mischfarben auf Leinwand oder Pappe, angefangen von den kleinsten erhaltenen Skizzen. Bei so vielen Werken ist es ganz natürlich, dass einige davon
Xanas Aufmerksamkeit entgangen sind, insbesondere wenn sie längst verkauft wurden. Um den Anteil nicht berücksichtigter Gemälde grob abzuschätzen, haben wir eine Stichprobenkontrolle durchgeführt. Als Beispiel
nahmen wir den Katalog der Einzelausstellung Punis in der Galerie de France vom 7. bis 30. November 1950; die Aufgabe war herauszufinden, ob alle Werke aus dem Ausstellungskatalog im Werkverzeichnis enthalten sind.
Ergebnis: von 46 Werken beinhaltet das Werkverzeichnis 39 Gemälde mit Bezug zur Ausstellung in der Galerie de France im Jahr 1950, davon ist bei 32 Gemälden die Nummer laut dem damaligen Katalog und bei 7 Gemälden
"außerhalb des Katalogs" vermerkt. Weitere 7 Werke aus der Ausstellung (das sind ca. 15 %) werden im Katalog nicht erwähnt. Also sind es 15 % der Werke, die Xanas Aufmerksamkeit entgingen, das gilt für die Ausstellung
von 1950; Es ist davon auszugehen, dass bei früheren Werken der Anteil von Vergessenen etwas höher ausfallen wird.
Erwähnen wir die Inkonsistenz, die mit dem letzten Werk von Puni verbunden ist. Als letztes Werk zählt im Werkverzeichnis Nr. 1207 „Courses“ (Pferderennen) aus dem Musée national d'Art Moderne, Paris.
Dies stimmt nicht mit den Angaben aus der Monographie über Puni überein, die zwei Monate nach seinem Tod veröffentlicht wurde (Gindertael R. V. Pougny. Geneve, Cailler, 1957), wo die letzte Abbildung mit
"Plage (23 x 18,5). Dernière œuvre de Pougny. Décembre 1956" bezeichnet ist. Dieses kleine Gemälde wurde 1970 von Xana über Nadja Leger dem Puschkin-Museum (Moskau) geschenkt und wird dort unter der
Inv.-Nr. Ж-4090 (Strand, 1956, Öl auf Leinwand auf Hartfaserplatte geklebt, 19,4 x 24 cm) aufbewahrt.
Im ersten Band des Werkverzeichnisses, der die dynamischsten Jahre (1910-1923) abdeckt, gibt es viele Fehler. Dabei ist die Unvollständigkeit des Katalogs aufgrund des Verlusts vieler Werke aus der Petrograder
Zeit das geringste Problem des ersten Bandes. Viel mehr Fragen werfen bewusste Manipulationen mit Datierungen und Ausstellungsgeschichten auf. Beispielsweise wird bei verschollenen Gegenständen, für deren Ersatz
Rekonstruktionen angefertigt wurden, nicht angegeben, wer und wann sie angefertigt hat, und die Provenienzangaben werden für das Original und für die Kopie verwechselt, was zu Verwirrung führt. Verschweigungen und
Unterlassungen erzeugen nicht weniger Nebel als Betrug. Beispielsweise wird von keinem der im Westen aufbewahrten Gemälde oder Reliefs aus der Zeit vor 1920 auch nur der geringste Hinweis darauf gegeben, wie sie
dorthin gelangten. Dies erhöht natürlich nicht die Glaubwürdigkeit ihrer Herkunft und lässt berechtigterweise Zweifel an ihrer Authentizität aufkommen. Zweifelhafte Techniken, die sich auf dem Kunstmarkt mitunter
auszahlen, sind in einer wissenschaftlichen Publikation, wie sie in einem Werkverzeichnis gemeint ist, kaum akzeptabel. Wie auch immer, stellte Xana viele Rätsel und hinterließ uns einen faszinierenden Lösungsprozess.
Meistens liegen die Schlüssel an der Oberfläche, stellenweise ist aber alles aufgeräumt und kein Hinweis in Sicht.
Betrachten wir die einzelnen Abschnitte des ersten Bandes: Malerei (Nr. 1-98), Reliefs (Nr. 99-114), abstrakte Zeichnungen (Nr. 115-150), figurative Zeichnungen (Nr. 151-266), Theaterkostüme (Nr. 267-281),
Druckgrafik (Nr. 282-298).
Malerei (Nr. 1-98)
Von den 98 Gemäldenummern sind 36 verschollen. Die Titel vieler verschollener Werke sind einfach aus den Katalogen der Ausstellungen „Tramway W“ (1915), „0.10“ (1915) und „Karo-Bube“ (1916) übernommen.
Für 10 verschollene Werke gibt es Fotos oder Fotos von Skizzen. Die verlorenen Banner von 1918, die an den Revolutionsfeiertagen in Petrograd hingen (Nr. 52,53,54), sind mit Fotografien von Skizzen illustriert,
die 1921 für eine Ausstellung in der Galerie Sturm in Berlin nachgezeichnet wurden. Die Originalskizzen dieser und anderer Banner werden im Staatlichen Russischen Museum aufbewahrt, aber Xana hatte keine Zeit,
sie zu beschreiben, als sie 1959 dort war.
Insgesamt sind 63 Nummern mit Fotografien versehen, zwei davon (Nr. 5 und 51) beziehen sich auf ein doppelseitiges Werk.
Wenn man von erhaltenen Gemälden aus der Petrograder Zeit spricht, so ist die Herkunft nur für die Werke unumstritten und verlässlich, die in den 1920er Jahren in russischen Museums- und Privatsammlungen dokumentiert
waren. Im Werkverzeichnis sind es 10 Gemälde aus dem Staatlichen Russischen Museum Nr. 17, 18, 50, 56, 57, 58, 59, 61, 63, 65, Stillleben Nr. 45 (Staatliches Vereinigtes Museumsreservat Nowgorod, im Werkverzeichnis
ist das Werk wird irrtümlicherweise dem Russischen Museum zugeschrieben) und Stillleben Nr. 49 aus der Sammlung Costakis. Es besteht auch kein Zweifel an der Herkunft zweier Stillleben von 1917, die im Werkverzeichnis
nicht erwähnt sind – eines aus der Tretjakow-Galerie (Inv. Ж-1321, Eingang von Costakis), das andere aus der Rybakow-Sammlung, beide sind im Ausstellungskatalog (1993) auf S. 128 und S. 129 veröffentlicht.
Ein Werk (Nr. 7, Selbstporträt) wurde der Beschreibung zufolge vom Autor im Frühjahr 1914 nach Paris gebracht, um am 30. Salon des Indépendants teilzunehmen. Ein weiteres Werk (Nr. 3, Porträt des Vaters) befand sich
in der Sammlung von Iwans Halbschwester Julia (in der Ehe Efron), die Kuokkala 1924 verließ. Was den Rest der frühen Malerei der Petrograder Zeit betrifft, lässt das Werkverzeichnis die Frage offen: Wie gelangten
diese Gemälde nach Frankreich? Normalerweise soll das Werkverzeichnis genau der Platz sein, an dem sich die wichtigsten Provenienzinformationen befinden. Wenn sie fehlen, entstehen Zweifel an der Glaubwürdigkeit
der Angaben. Wie konnten also die Werke nach Frankreich gelangen?
In den Tagebüchern von Iwans älterer Schwester Maria (in der Ehe Astrova), die 1925 nach Frankreich auswanderte, gibt es eine Aufzeichnung über die Schenkung von drei Gemälden ihres Bruders an Xana. Es könnte sich
aber auch um spätere Werke handeln, die Aufzeichnung stammt aus dem Jahr 1962. Alle anderen Werke aus Russland mussten entweder von Xana selbst oder in Auftrag von ihr gebracht werden. Möglicherweise handelte es sich
dabei um vom Zoll nicht genehmigte Methoden. Xana besuchte Leningrad und Moskau erstmals im Juli und August 1959, dann im Mai 1961 und möglicherweise 1962. Berninger erzählte viel später (mit Hinweis auf Xanas Worte),
dass sie mit Hilfe eines französischen Diplomaten und seiner diplomatischen Post eine Reihe von Punis Werken von Leningrad nach Paris transportiert habe. Es ist unmöglich, diese Version zu verifizieren.
Leider gibt es noch einen anderen Entstehungsweg für die Frühwerke Punis in Paris: Es handelt sich um deren Wiederholungen (Rekonstruktionen), die von Xana oder unter ihrer Leitung angefertigt wurden. Ein Beispiel
für solche Nachbildungen sind drei Gouachen Nr. 60,62,64, die drei Gemälde aus dem Staatlichen Russischen Museum wiederholen, di Einzelheiten siehe
unter: Иван Пуни, проблема трех гуашей.
Darüber hinaus gibt es Anzeichen dafür, dass Xana auch an anderen Gemälden „zauberte“. Beispielsweise ist das Gemälde Nr. 59 aus dem Staatlichen Russischen Museum im Werkverzeichnis mit einem Foto abgebildet, das
nicht von ihm, sondern von einer ungefähren Kopie stammt, die sonst nirgends auftauchte. Ein weiteres Beispiel: In Gindertaels Monographie (1957), die zwei Monate nach Punis Tod veröffentlicht wurde, stimmen die
Fotografien der Gemälde Nr. 38 („Bäder“) und Nr. 46 („Teller mit Eiern“) nicht im Detail mit ihren Fotografien im Werkverzeichnis überein; offensichtlich waren es auch verschiedene Werke.
Die Berliner Periode (1921-1923) war für Puni im Hinblick auf die Entwicklung seines Stils und seiner Kunstanschauung wichtig, aber aufgrund der unsicheren Lage war sie nicht sehr fruchtbar hinsichtlich der Anzahl
der geschaffenen Werke. Von den beiden verschollenen Stillleben Nr. 90–91, die an der Grenze zwischen konstruktivem Naturalismus und Purismus entstanden, sind nur Zeitschriftenfotografien erhalten. Es gibt
Verwechslungen mit den Gemälden, die auf der Ersten russischen Ausstellung (1922, Van Diemen) waren: Für das Stillleben Nr. 94, das danach in der UdSSR dokumentiert wurde (Regionales Kunstmuseum Krasnodar,
benannt nach F.A. Kovalenko), wird diese Ausstellung im Werkverzeichnis nicht erwähnt, stattdessen wird eine in der Komposition ähnliche Gouachestudie Nr. 89 zur Ausstellung „geschickt“. Die Gouachen Nr. 71 und 79–88,
die im Stil dem damaligen Marcoussis ähneln, enthalten drei nahe beieinander liegende Variantenpaare (Nr. 80-81, 82-83 und 85-86). Obwohl Puni oft Variationen vornahm und die Komposition verfeinerte, ist dies
immer noch ein Grund zur Vorsicht, wenn man bedenkt, dass Xana gern zu Anfertigung von Repliken griff.
Glücklicherweise erschien der erste Band des Werkverzeichnisses 20 Jahre bevor der Kunstmarkt (zusammen mit Berninger, dem Katalogverleger) von einer Welle grober Puni-Fälschungen überrollt wurde. Mehr dazu im
Abschnitt FÄLSCHUNGEN.
Reliefs (Nr. 99-114)
Suprematistische Skulpturen sind in Punis Frühwerk von größtem Interesse; es war die synthetische Kunst, in der er zu Recht seinen Vorrang beanspruchen durfte. Davon, dass das Ehepaar Puni auf der Flucht aus
Petrograd über das Eis des Finnischen Meerbusens irgendeine dieser sperrigen Assamblagen mitgenommen haben, kann keine Rede sein. Im Vorwort zum Abschnitt „Skulpturen-Reliefs und Objekte 1913-1919“ des
Werkverzeichnisses heißt es:
"Von 1914 bis 1917 fertigte er etwa dreißig Bildreliefs an, von denen uns heute nur ein Teil bekannt ist. Die katastrophalen Winter 1918 und 1919 zwangen den Künstler, seine Reliefs zu opfern, um die Werkstatt
zu heizen. Aber dank Modellen und Erinnerungsskizzen konnte Puni die meisten der unten aufgeführten Werke nach seiner Flucht aus Russland im Jahr 1920 rekonstruieren."
Im letzten Satz steckt eine gewisse List: Die Rekonstruktion wurde tatsächlich von Puni, aber nicht von Iwan, sondern von Xana durchgeführt.
Und zwar nicht bald nach der Auswanderung, sondern nach dem Tod des Künstlers.
Das Werkverzeichnis beschreibt 18 Reliefs, von denen nur zwei als völlig verschollen gelten ("Kartenspieler" Nr. 99 und "Grünes Brett" Nr. 101, beide wurden erwähnt in Zeitungsberichten während der Ausstellung "0.10").
Die Beschreibungen der übrigen 16 Reliefs lassen Interpretationsspielraum, sie enthalten Manipulationen und Auslassungen. Betrachten wir zum Beispiel "Stillleben mit Hammer" Nr. 100. Dies war das einzige Relief,
das Puni selbst 1921 in Berlin rekonstruierte: Es ist auf Fotografien seiner Berliner Werkstatt festgehalten. Ein Vergleich dieser Fotografien mit dem Foto des Reliefs aus dem Werkverzeichnis (Nr. 100, Sammlung
Berninger) zeigt, dass sowohl der Hammer als auch die Pappbögen eine unterschiedliche Konfiguration aufweisen. In der Beschreibung wird dieses Werk jedoch auf das Jahr 1914 datiert und die Ausstellungsgeschichte
beginnt mit der Ausstellung "Tramway W" (1915), als ob es sich hierbei um das Originalwerk und nicht um dessen spätere Nachbildung handele.
In den Beschreibungen anderer Reliefs aus dem Werkverzeichnis ist die Verschweigung etwas anders aufgebaut. Ein typisches Beispiel ist Nr. 102, Suprematistische Skulptur. Datum: 1915. Sammlung: "M. et Mme. Herman
Berninger, Zurich (montage d'après maquette et dessin)". Provenienz: vom Künstler. Ausstellungen: "0.10" (1915), dann als "Montage" in der Galerie "Der Sturm" (1921) und weiter ab 1960.
Das heißt, die Beschreibung bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Objekt aus der Sammlung, sondern gleichzeitig sowohl auf ein 1915 entstandenes Werk Punis, als auch auf seine Rekonstruktion in Form einer "Montage".
Wer und wann diese "Montage", also die Nachbildung, durchgeführt hat, wird nicht direkt angegeben. Man beachte, dass das Herstellungsjahr am wahrscheinlichsten 1959-1960 ist und der wahrscheinliche Autor der
Nachbildung Xana bzw. ihre Assistenten, oder allgemein "Werkstatt Puni" sind. Man beachte auch, dass dieses Werk in der Sturm-Ausstellung nicht als "Montage", sondern als Skizze präsent war.
Die Beschreibung der übrigen Reliefs im Werkverzeichnis folgt in etwa dem gleichen Szenario. Darunter ist eines, das so überzeugend aussieht, dass wir der Beschreibung glauben wollen, dass es sich tatsächlich um
ein Originalrelief aus dem Jahr 1915 handelt, welches Xana im Jahr 1959 irgendwie aus Leningrad mitnehmen konnte. Es handelt sich um "Weiße Kugel" Nr. 105, die sie 1966 dem Musée national d'Art Moderne (Paris)
schenkte. Um Zweifel auszuräumen und Klarheit zu schaffen, sollte man das Alter der Materialien bestimmen.
Abstrakte Zeichnungen (Nr. 115-150)
Punis Nachlass abstrakter Zeichnungen besteht aus den Illustrationsskizzen für den dritten Teil von "Theater für sich" (1915-1916) von Jewreinow und aus den Skizzen suprematistischer Skulpturen.
Die Illustrationsskizzen für den dritten Teil von "Theater für sich" stammen aus der Costakis-Sammlung; heute sind zwölf davon in der Tretjakow-Galerie. Das Werkverzeichnis beschreibt davon 8: Nr. 131-132 und 146-150.
Die Skizzen suprematistischer Skulpturen (Reliefs), die im Werkverzeichnis beschrieben sind, wurden im Februar 1921 in Punis Einzelausstellung in Galerie "Der Sturm" ausgestellt. Bei einigen davon handelte es sich
tatsächlich um Vorbereitungsskizzen, die einst (1915–1916) in Petrograd angefertigt wurden; Die meisten dieser Zeichnungen entstanden jedoch unmittelbar vor der Ausstellung und stellen Erinnerungen an Werke dar,
die im postrevolutionären Chaos verloren gingen, oder einfach neue Kompositionen. Im Vorwort zum Abschnitt "Abstrakte Zeichnungen 1915-1919" des Werkverzeichnisses heißt es direkt:
"Anlässlich einer Ausstellung in Galerie "Der Sturm" in Berlin im Februar 1921 überarbeitete Puni einige abstrakte Tuschezeichnungen bzw. Collagen aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Originale aus Petrograd.";
"Madame Puni hat im vorliegenden Katalog die Werke neu datiert, die nicht immer vor den entsprechenden Skulpturen entstanden sind, sondern oft als Erinnerung für den Künstler dienten, der die eigentlichen Skulpturen nicht
mitnehmen konnte"; Viele der Zeichnungen gingen „aufgrund der Feuchtigkeit infolge schlechter Lagerbedingungen in Paris im Jahr 1928" verloren.
Tatsächlich wurden von Xana nur 29 von 52 abstrakten Katalognummern vom Sturm in das Werkverzeichnis aufgenommen. Darüber hinaus dürften die meisten der beschriebenen abstrakten Zeichnungen mit 1921 und nur ein kleiner
Teil davon mit 1915–1916 datiert werden. Für weitere Informationen hierzu siehe А. Родионов. Иван Пуни в галерее «Штурм» (1921). Состав выставки. //
Искусствознание, №4, 2023, с. 244-257.
Gegenständliche Zeichnungen (Nr. 151-266)
Abschnitt Gegenständliche Zeichnungen ist der zuverlässigste Teil vom ersten Band des Werkverzeichnisses. Hier brauchte Xana keine Tricks anwenden, denn als sie aus Russland flohen, konnten die Punis die Zeichnungen
tatsächlich in ihr mageres Gepäck unterbringen. Insgesamt beschreibt das Werkverzeichnis 115 gegenständliche Zeichnungen. Auf der Puni-Ausstellung im Februar 1921 wurden etwa 160 solcher Zeichnungen präsentiert.
68 davon hat Xana mit Verweis auf die Ausstellung ins Werkverzeichnis aufgenommen; eine Reihe der damals ausgestellten Zeichnungen sind im Werkverzeichnis beschrieben, ohne die Ausstellung zu erwähnen. So ging etwa
die Hälfte der im Sturm ausgestellten Zeichnungen in den 20er und 30er Jahren durch schlechte Lagerung und Umzüge verloren. Ein sehr bedauerlicher Verlust, denn sie verdeutlichen Punis Talent besonders deutlich.
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1914-1919. Beispiele für Zeichnungen von Iwan Puni aus dem Staatlichen Russischen Museum (St. Petersburg), die im Werkverzeichnis nicht erwähnt sind
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Das Werkverzeichnis umfasst nicht die im Russischen Museum aufbewahrten Zeichnungen Punis, was nicht verwunderlich ist. Im Jahr 1959 gelang es Xana in Leningrad nur, die Gemälde ihres Mannes im Museum zu
besichtigen, und offensichtlich hatte sie nicht genug Zeit für Zeichnungen. Danach konnte sie nicht mehr dorthin gelangen und die Korrespondenz erlosch aus bestimmten Gründen. Das Russische Museum beherbergt
insgesamt 34 Werke von Puni auf Papier, das Skizzenalbum nicht mitgerechnet. 12 dieser 34 Blätter sind Dekorationsskizzen für die Novemberfeiertage 1918 in Petrograd.
Die Zeichnungen aus der Costakis-Sammlung (12 Exemplare) wurden in den Katalog aufgenommen, weil der Moskauer Sammler bereits Ende der 1950er Jahre Kontakt zu Xana knüpfte. Die meisten davon werden heute in
der Tretjakow-Galerie (Moskau) aufbewahrt. Darunter befindet sich eine Originalillustration (Nr. 206) zum Märchen „Jeremia, der Faule“, veröffentlicht im Sammelband „Yolka“ (1918), wobei die Autorschaft des Textes
Xana zugeschrieben wird (Tchukowsky erinnerte sich, dass Puni es aus Bescheidenheit getan hat). Punis weitere Illustrationen zu seinen eigenen Märchen wurden vermutlich aufgrund ihres Verlustes nicht in den Katalog
aufgenommen.
Die Katalognummern 215-218 – vier Zeichnungen von Puni für die Mappe „Helden und Opfer der Revolution“ (1918) – werden als Tuschezeichnungen beschrieben, jedoch mit den Lithografien aus der veröffentlichten Mappe
illustriert. Die Originale dieser Zeichnungen sind offensichtlich auch nicht erhalten.
Die Katalognummern 259-261 und 264-265 sind Karikaturen, darunter auch die auf Walden und Archipenko. Puni war scharfsinnig.
Theaterkostüme (Nr. 267-281)
Im Vorwort zu diesem Abschnitt heißt es, dass alle von Puni in Russland angefertigten Theaterskizzen verloren gegangen seien. Das stimmt nicht ganz: Im Museum für Theater- und Musikkunst (St. Petersburg) sind zwei
Skizzen von Puni erhalten, die aus der Sammlung von Schewerschejew (Dekoratives Institut) stammen. Wir konnten sie als Bühnenbildskizzen für Tschukowskis Kinderstück "Zar Pusan" zuordnen, das im Sommer 1917 im
Tenischew-Saal aufgeführt wurde. So kann das Werkverzeichnis erweitert werden.
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Iwan Puni. 1917. Skizzen für Tschukowskis Kinderstück "Zar Puzan", aufgeführt im Sommer 1917 im Tenishevsky-Saal. Museum für Theater- und Musikkunst (St. Petersburg). Inv. Nr. 5199-251 und 5199-252.
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Theaterkostüme und Bühnenbilder sind eine besondere Kunstrichtung, an der Puni wenig Interesse hatte. Im Vorwort zu diesem Abschnitt erinnern sich die Verfasser (wie üblich) an seine Vorfahren: seinen Großvater,
einen Ballettkomponisten, und seinen Vater, einen Cellisten am Mariinsky-Theater, dank denen Punis frühe Bekanntschaft mit dem Theater erfolgte. Allerdings betrachtete Iwan Albertowitsch selbst die Arbeit für das
Theater nicht als seine Lebensaufgabe. In diesem Sinne sind seine Worte aus einem Brief an Punin (März 1924) charakteristisch:
"Xana und ich haben einen kleinen Vertrag bis Herbst, fürs Theater, wir müssen 20 beschissene Zeichnungen für 1500 Franken machen. Wir haben versucht, zuerst gute Zeichnungen zu machen, aber das passt nirgendwo hin,
man jagt uns überall fort, wir haben angefangen, Scheiße zu machen... – man nimmt es solange an"
und aus dem Brief an Schklowski (25. April 1925):
"Ich habe völlig mit dem Nebenjobben aufgehört, um meine Hand nicht mehr zu verderben (und diese Ruhe ohne den verdammten Nebenjob hat schon große Wirkung gezeigt). Wir leben teilweise von den verkauften Gemälden,
was, wie Du verstehst, noch nicht viel bringen kann, aber hauptsächlich von Xanas Nebenjobs, die (das ist Xana) wirklich unermüdlich arbeitet."
Unter Nr. 267-271 sind Skizzen (1921) von der Sturm-Ausstellung beschreiben. Bei den Nr. 272–277 handelt es sich um die gemeinsam mit Xana angefertigten Zeichnungen, wobei die Nr. 276–277 von ihr signiert sind
und deutlich ihren künstlerischen Stil der frühen 20er Jahre belegen. Die Nr. 278–281 sind möglicherweise diejenigen, die Puni im obigen Auszug aus dem Brief an Punin erwähnte.
Druckgrafik (Lithografien und Linolschnitte, Nr. 282-298)
1) Die Zeichnungen aus dem Sammelband "Brüllender Parnass" werden als Lithografien beschrieben, obwohl sie tatsächlich im zinkografischen Verfahren reproduziert wurden. In diesem Sammelband wurden nicht drei
(Nr. 282-284), sondern vier Zinkografien nach Punis Zeichnungen gedruckt, offenbar hat Xana dies vergessen.
Ebenfalls vergessen wurden vier lithografierte Figuren aus der Mappe "Helden und Opfer der Revolution" (1918), siehe Abschnitt LITHOGRAFIEN.
2) Für einen Artikel in der Zeitschrift MA Aktivista Folyóirat, Nr. 3, 1922, wurden fünf Linolschnitte gedruckt (siehe Abschnitt LINOLSCHNITTE) Nr. 286-290. Im Katalog werden die ersten
beiden trotz der Übereinstimmung aller anderen Parameter als Lithographien beschrieben. Es ist offensichtlich, dass Xana bei der Vorbereitung einen Versprecher gemacht hat, aber der Verleger hat diesen Versprecher
übernommen und im Vorwort zu diesem Abschnitt sogar ausdrücklich darauf hingewiesen: "1922 veröffentlichte der Künstler eine Reihe von abstrakten Lithografien und Linolschnitte für die ungarische Avantgarde-Zeitung
"MA Aktivista Folyóirat"".
Andere Werke
Der Entwurf eines Siegels für den Rat der Volkskommissare (1919) wird im Abschnitt der figurativen Zeichnungen beschrieben (Nr. 249), die Arbeiten Punis für die Porzellanfabrik – Skizzen und darauf basierende
Produkte sind gar nicht erwähnt.
Schlussfolgerungen
1. Der zweite Band des Werkverzeichnisses stellt Punis Werk von 1924-1956 ziemlich genau dar. Dennoch kann es durch eine Reihe von Werken ergänzt werden, die aus verschiedenen Gründen der Aufmerksamkeit der
Verfasser entgangen sind. Nach unseren Schätzungen gibt es etwa 150-200 solcher Werke.
2. Der erste Band des Werkverzeichnisses bedarf einer erheblichen Überarbeitung, um den Anforderungen an ein wissenschaftliches Werkverzeichnis gerecht zu werden. Bei der Zusammenstellung wurde kein streng
wissenschaftlicher Ansatz verfolgt, sondern ein gemischter wissenschaftlich-populärer Ansatz. Das Ergebnis war eine Mischung aus Werkverzeichnis und Album über das Werk des Künstlers. Oft musste Xana und nach ihr
Berninger zwischen Genauigkeit, Lückenlosigkeit und Krämerei wählen, dabei wählten sie immer das Zweite und neigten zum Dritten. Die Genauigkeit ist daher nur dort vorhanden, wo sie die Erreichung der höher
platzierten Ziele nicht beeinträchtigt.
Im Rahmen unseres Forschungsprojekts haben wir das Werkverzeichnis digitalisiert und arbeiten an dessen Berichtigung und Ergänzung.
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